Exkursion in die Modestadt Paris

28.03.2017

„Provinz bleibt Provinz, sie macht sich lächerlich, wenn sie Paris nachäffen möchte (Honoré de Balzac)“

Mit diesem Bild vor Augen machte sich im Februar 2017 die Gruppe 0414 des Studiengangs Modemanagement München im Modul Internationales Management auf den Weg nach Paris, um einen Eindruck von der Modestadt Paris zu erhalten. Paris wirbt seit dem Sonnenkönig Louis XIV mit dem Titel „bedeutendste Modestadt“. Marie Antoinette konnte den Ruf festigen und mit der Entstehung der Haute Couture durch Charles Frederick Worth nahm die Modestadt einen neuen Aufschwung. Die Antwort auf die Frage nach der bedeutendsten Modestadt blieb diese Exkursion gewiss schuldig. Ziel der Exkursion war es vielmehr einen Einblick zu erhalten zur Frage: Wie positioniert sich Paris heute gegenüber anderen Städten, sei es New York, London, Mailand oder München?

Die Suche nach einem passenden Referenzrahmen für die Betrachtung der Positionierung führt zur Wissenschaft. Die Modestadt Paris wurde immer wieder aus wissenschaftlicher Perspektive analysiert. [1] Cluster, eine räumliche Ballung von Unternehmen, sind sowohl aus geographischer Sicht als auch aus ökonomischer Sicht interessant.Ein vielbeachtetes Modell stellt hierbei das Diamantenmodell von M.E. Porter dar, mit dem sich die Studierenden im Modul Internationales Management an der MD.H beschäftigt hatten[2].

Gemäß Porter entwickeln sich Cluster, wie das Fashion-Cluster in Paris, durch eine geeignete Kombination von 6 Faktoren (vgl. Abbildung 1). Es entstehen Netzwerke, die den darin angesiedelten Unternehmen eine hohe Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen[3]. In Paris entstand dies durch das Zusammenspiel von Haute Couture, Politik, Handwerk und Industrie.


Abbildung 1: Diamantenmodell von Porter „Competitive Advantage of Nations“ (Porter, M.E. 1990, S.127)

Im Diamantenmodell von Porter nennt sich ein Element „Faktorbedingungen“. Hier wird die Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren thematisiert, dazu zählen das Humanvermögen, wie beispielsweise gut ausgebildete Fachkräfte, die materiellen Ressourcen, wie die Verfügbarkeit und Preis von Materialien, die Wissensressourcen, das Know-How, das in Hochschulen vorhanden ist, Kapitalressourcen, und die Infrastruktur.

Ein weiteres Element sind die „Nachfragebedingungen“. Hierzu zählen anspruchsvolle Kunden, die der Branche nahelegen, innovativ und qualitativ hochwertig zu sein. Laut einer Forbes Studie leben in Paris die wohlhabendsten Menschen aus der Luxusbranche. Die Franzosen sind demnach bereit überdurchschnittlich viel Budget für den Luxus aufzubringen.[1]

Ergänzt werden die Elemente durch „verwandte und unterstützende Branchen“. Hier kann gezeigt werden, dass die Haute Couture eine fast magische Anziehung für Unternehmen in vertikaler Sicht, für die Zulieferer, hat als auch in horizontaler Sicht, die Anziehung von anderen Luxusprodukte, geschaffen hat. Paris weist heute eine sehr hohe Dichte an Geschäften von internationalen Luxusmarken auf.

Das Element „Unternehmensstrategie, Struktur und Rivalität“ drückt aus, dass Unternehmen eines Clusters durch genaue Konkurrenzbeobachtung gut in der Lage sind, die eigene Strategie mit der Konkurrenz abzugleichen und anzupassen. Die hohe Wettbewerbsfähigkeit der heutigen Pariser Luxus-Marken begründet sich stark auf der traditionsorientierten Markenpersönlichkeit. Die Eigenschaften der heutigen Luxusmarken werden mit der Modestadt Paris gleichgesetzt. Beispielsweise ist Louis Vuitton die teuerste Modemarke weltweit.[2] Weniger der Ort der Produktion ist von Bedeutung, sondern eher der Bereich des Unternehmens, in dem die Entscheidungen getroffen werden. [3]

Das Element „Staat“ umfasst Anstrengungen, die von politischer Seite getroffen werden, um das Cluster zu stärken, Paris beispielsweise will in den nächsten Jahren 57 Mio investieren, um die Modeindustrie zu stärken. [4]

Die Exkursion setzte den Focus auf die Betrachtung der „Faktorbedingungen“ der oben beschriebenen Elemente, da diese sich im Rahmen einer Reise am schnellsten erschließen. Zum Feld staatliche Unterstützung besuchten wir das Museum of Fashion.

Untersützung durch die Stadt Paris

Im Palais Galliera, im Museum of Fashion, zeigte uns die aktuelle Ausstellung “anatomie d’une collection” einen Einblick in den großen Fundus dieses Museums.[5] Arbeitskleidung, Abendroben und die Kleidung von Celebrities zeigen, das sich das Museum ganz der Stadt Paris und ihrem Modeschaffen der letzten Jahrhunderte gewidmet hat. So gehören Roben von Marie-Antoinette, Napoleon’s Weste und ein Kleid von Kaiserin Josephine zum Bestand. Aber auch Outfits von Audrey Hepburn, die vom Pariser Couturier Balenciaga ausgestattet wurde, der berühmte Schuh-Hut von Elsa Schiaparelli für Dalis Frau Gala, ein Kleid von Georges Sand und ein Umhang von Sarah Bernhardt gehören zur Ausstellung.

In den 3,5 Tagen im Fashion-Clusters Paris sah die Gruppe vor allem folgende Schwerpunkte Sourcing, Vertriebsstruktur, Haute Couture/Luxus:

 

Beschaffung - Sourcing


Abbildung 2: PREMIEREVISION - Eingang

Die Gruppe erhielt die Möglichkeit, die den Facheinkäufern vorbehaltene, wichtigste Fashion-Messe zu besuchen, die PREMIÈREVISION mit den Bereichen Stoffe, Garne, Accessoires, Leder, Design und Manufacturing. Einen knappen Tag ließen sich die Studierenden von über 1500 Ausstellern von einer beeindruckende Vielfalt inspirieren und sahen die neuesten Trends nicht nur hinsichtlich der Farben, sondern auch bei den Materialien, wie beispielsweise bei den Techtextiles.

Auf einem Messe-Forum präsentierte die deutsche Zeitschrift Textilwirtschaft eine empirisch durchgeführte Studie zum Thema „Future of Fashion: So sieht sich die Branche in zehn Jahren“ mit sehr interessanten Ergebnisse zu Fragen, wie Kehrt die Produktion zurück nach Europa? Spaltet sich die Branche in Premium und Fast Fashion? Wird es in Zukunft verstärkt Läden als Showrooms geben?[1]

Die nächste Station zum Thema Sourcing war das Stadtviertel Centier. Hier staunte die Gruppe beim Spaziergang, dass bei den vielen, netten, kleinen Läden sehr viele unterschiedliche Fashion-Produkte einschließlich Stoffe, Accessoires wie Handtaschen, Schmuck oder Brillen die Auslagen zierten, aber auf der Eingangstüre ein Schild hing „vende en gros – no retail“. In diesen shops decken Einzelhändler aus Frankreich und Umgebung ihren Bedarf.

 

Vertrieb          

Zu diesem Bereich schaute sich die Gruppe verschiedene Conceptstores, Multibrandstores und einen Showroom an.

Die Concesptstores, The broken arm, Merci, Coulette zeigen moderne Vertriebskonzepte, die gemessen an der zahlreichen Kundschaft, nicht nur die Gruppe begeisterten.


Abbildung 3 Eingang zum Conceptstore Merci

Abbildung 4 Innenraum des Bon Marché

Hingerissen war die Gruppe auch von den großen Warenhäusern Printemps, Le Bon Marché, den Galeries Lafayette, die nach Meinung der Studierenden die Münchner Strukturen an Glamour aber auch an Liebe zu Detail übertreffen.


Abbildung 5: Vor dem Showroom von Dorothee Schuhmacher

Der Besuch im Showroom von Dorothe Schuhmacher bildete den krönenden Abschluss, da die Leiterin des Showrooms, Melanie, Ihr Arbeitsumfeld in einem Vortrag mit viel Insiderwissen nahebrachte.

Kurz vor Abflug spazierten wir noch zum Place Vendome, und sahen das Haus Chanel und das Hotel Riz,

in dem die legendäre Choco Chanel wohnte und von dort ins Atelier zum Arbeiten ging.


Abbildung 6: Chanel

Selbstverständlich kam auch der gesellschaftliche Teil nicht zu kurz: wir genossen gemeinsam an einer langen Tafel ein Diner oder ließen uns in einer kleinen Auberge überraschen von der Speisen, die wir nach bestem Wissen und Gewissen übersetzt hatten. Für ein wenig Sightseeing, wie den Eiffelturm oder Notre Dame blieb auch noch Zeit.

Der abschließend verteile Feedback-Bogen bei den Studierenden zeigt klar, dass die Exkursion jeder Einzelnen viele positive Impulse gab, und gerade auch für die Modestadt München, die Heimatstadt der Studierenden, viele Anregungen dabei waren.


Abbildung 7: Feedback

[1] Godart, 2014; Hardill, 2010; R. & Frenken, 2011
[2] Porter, 1990
[3] Porter, 1990
[4] Spiegel 2016
[5] Stylebook 2015
[6] Bundeszentrale für politische Bildung, 2014
[7] Preuss, 2015
[8] palaisgalliera.paris.fr/museum-of-fashion, 2017
[9] Wolf, 2016
Literaturverzeichnis
Berlin, H. U. (2000). Digitale Dissertationen. Berlin: Springer.

Bildung, B. f. (2014). Paris und die ewige Suche nach Raum: Herausforderungen einer besonderen Hauptstadt. http://www.bpb.de/internationales/europa/frankreich/152505/paris, 12. Dezember 2016. Abgerufen am 20.03.2017

Forbes. (2015). Stylebook . Von http://www.stylebook.de/fashion/Louis-Vuitton-ist-wertvollste-Mode-Mark… abgerufen 20.03.2017

Godart, F. (01 2014). The power structure of the fashion industry: Fashion capitals, globalization and creativity. International Journal of Fashion Studies, S. 39-55.

Hardill, S. M. (2010). Paris and fashion: reflections on the role of the Parisian fashion industry in the cultural economy. International Journal of Sociology and Social Policy, Vol. 30 Iss 9/10, 461 - 471.

palaisgalliera.paris.fr/museum-of-fashion. http://palaisgalliera.paris.fr/fr/expositions/anatomie-dune-collection abgerufen 20.03.2017

Porter, M. (1990). The Advantage of Nations. New York: Free Press.

Preuss, S. (03. März 2015). Paris will 57 Millionen Euro in seine Modebranche investieren https://fashionunited.de/nachrichten/mode/paris-will-57-millionen-euro-in-seine-modebranche-investieren/, abgerufen am 20.03.2017

R., W., & Frenken, K. (2011). Firm entry and institutional lock-in: an organizational ecology analysis of the global fashion design industry. Industrial and Corporate Change, S. 1031-1048.

Spiegel: Diesen 62 Superreichen gehört so viel wie der halben Welt. . (2016). Von http://www.spiegel.de/wirtschaft/oxfam-diesen-62-superreichen-gehoert-s…- wie-der-halben-welt-a-1072576.html abgerufen am 20.03.2017

Stylebook.de. (2015). Von http://www.stylebook.de/fashion/Louis-Vuitton-ist-wertvollste-Mode-Mark… abgerufen am 20.03.2017

Wolf, S. (2016). Future of Fashion: So sieht sich die Branche in zehn Jahren. Die Textilwirtschaft Jubiläumsausgabe.