ICH KANN DAS NICHT MEHR (ER-)TRAGEN!!!

10.02.2016

Fair Fashion - Nachhaltige Mode
Neue Ansätze & Strategien für die Modebranche
New concepts and strategies for the fashion business


Abb. 1 „Ich kann das nicht mehr (er-)tragen!“

Für Menschen, die Mode entwerfen und verkaufen, ist „Nachhaltigkeit“ längst zu einem Thema geworden, mit dem sich beschäftigt werden muss. Angeblich ist das Thema Nachhaltigkeit in der Mode auch in den Köpfen der Verbraucher angekommen.

So werden regelmäßig Umfrageergebnisse veröffentlicht, die belegen, dass ein erheblicher Anteil der Endverbraucher von modischen Artikeln daran interessiert ist, nachhaltige Mode kaufen zu können. So existiert z.B. eine Umfrage bei der die Einstellung von Kunden verschiedener Bekleidungseinzelhändler zur Aussage "Beim Kauf von Produkten ist es mir wichtig, dass das jeweilige Unternehmen sozial und ökologisch verantwortlich handelt“, überprüft wurde (Statista, 2014). Dabei gaben – ganz grob zusammengefasst - etwa die Hälfte der befragten Kunden von Takko, StreetOne, Tom Tailor, Orsay, Peek & Cloppenburg und einigen anderen Unternehmen an, dass ihnen beim Kauf von Bekleidung wichtig ist, dass das jeweilige Unternehmen sozial und ökologisch verantwortlich handelt. Doch was sagen uns diese Ergebnisse?

Natürlich antworten die Befragten (interessanterweise NUR die Hälfte von ihnen), dass ihnen das ökologisch und sozial verantwortliche Handeln der Unternehmen wichtig ist, wenn sie danach gefragt werden. Aber fragen die Kunden sich beim tatsächlichen Kauf von Bekleidung wirklich, ob das Unternehmen, bei dem sie gerade kaufen, ökologisch und sozial verantwortlich handelt? Dafür gibt es keine Beweise, keine wissenschaftlich fundierte Untersuchung hat bisher diese Behauptung untermauern können.

Wir haben im Sommer 2015 im Rahmen einer Projektarbeit des 6. Semesters Modemanagement etwa 750 Menschen befragt zum Thema, was sie zukünftig von Modemarken erwarten. Bei einer offenen Fragestellung rangierten „bessere Qualität“ und „günstigerer Preis“ ganz oben auf der Wunschliste. Weniger als zehn Befragte gaben an, dass sie sich „mehr soziale und ökologische Verantwortung“ von den Modemarken wünschen. Bei einer geschlossenen Fragestellung gaben etwa 80% der Befragten an, dass sie „Nachhaltigkeit“ (es wurde in den Fragebögen nicht weiter definiert, was genau damit gemeint ist) als sehr wichtig empfinden. Das bedeutet, dass das Thema „Nachhaltigkeit“ in der Mode noch lange nicht real in den Köpfen der Verbraucher verankert ist.

Während bei vielen und gerade bei jungen Menschen das Thema BIO bereits im Bereich der Ernährung verinnerlicht wurde (man muss nur junge Menschen im Supermarkt beobachten – sie studieren alle Nährwertangaben genau, scannen die QR-Codes und lassen sich in Apps alle Informationen zum Produkt anzeigen…), scheint es so, als ob es ihnen völlig egal ist, was sie (bezogen auf Inhaltsstoffe und Herstellungsmethoden) auf ihrer Haut tragen.

Wir müssen an dieser Stelle feststellen, dass „Nachhaltigkeit“ in der Mode noch nicht „in Mode“ ist.

Wenn wir die Mode als Phänomen betrachten, scheint es so, als wäre die Modeindustrie an dieser Stelle nicht in der Lage, die Mode zu beeinflussen. Während die Modeindustrie in den 50er-& 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts selbst zum Treiber des Modewandels geworden ist (King, 1963) und seit den 90er-Jahren auch noch mit Fast-Fashion-Systemen den Bekleidungsmarkt völlig übersättigt, steht sie nun vor der Herausforderung, junge Menschen davon zu überzeugen, dass man für ein T-Shirt mehr ausgeben muss, als für einen Kaffee bei Starbucks. Denn das Kaufverhalten der Endverbraucher ist erlerntes Verhalten, dass sich die Modeindustrie selbst zuzuschreiben hat. Die Modeindustrie hat in den vergangenen Jahrzehnten dafür gesorgt, dass die angebotene modische Bekleidung durch „purposeful obsolescence“ (absichtliche Verkürzung der Lebenszyklen der Produkte als „ökonomische Perversion“, Gregory, 1943) an Wert verloren hat. Ebenso haben die Hersteller von Mode und der Modehandel alles dafür getan, dass sich die Endverbraucher ständig eine größere Anzahl an Artikeln wünschen (sogar das Gefühl haben, sie brauchen immer mehr Teile) und diese auch für immer weniger Geld bekommen können. Auch wenn dies vor allem den Fast-Fashion-Unternehmen zu verdanken ist, die ihre Ware eher billig anbieten, kann dieses Kaufverhalten dem Geltungskonsum zugeschrieben werden (als Erweiterung von Veblen‘s Idee, der den Geltungskonsum den „feinen Leuten“ zuschrieb).

Nun geht es darum, Strategien zu entwickeln, die dazu führen, dass weniger, dafür nachhaltig produzierte und hochwertigere Ware zu einem höheren Preis verkauft werden kann. Das bedeutet aus Marketingsicht eine Abkehr von der Idee, dass man Träume verkauft, hin zu der Idee, dass der Kunde sich ein gutes Gewissen kaufen kann. Und damit ist unter gar keinen Umständen „Greenwashing“ gemeint. Das ist in der heutigen Medienlandschaft auch viel zu kurz gedacht.

Um eine Strategie zu entwickeln, müssen zunächst Ziele formuliert werden. Die Ziele müssen quantifizierbar und umsetzbar sein (diffuse Ziele führen zu diffusen Strategien). Bei der Zielformulierung müssen folgende logische Zusammenhänge in Hinblick auf Absatz- & Umsatzziele unbedingt beachtet werden:

1. Wir bewegen uns (auf unsere „westliche“ Welt bezogen) zunächst in einem gesättigten Markt. Die Konsumenten haben einen bestimmten Anteil ihres Einkommens zur „freien Verfügung“, wenn die „Grundbedürfnisse“ (Wohnen, Versicherungen, etc…) bezahlt sind. Es ist bei der momentanen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung nicht davon auszugehen, dass zukünftig ein größerer „Share of Wallet“ auf Bekleidung fallen wird. Das bedeutet, dass die Gesamtsumme der Ausgaben für Bekleidung in den nächsten Jahren stagniert oder leicht rückläufig sein wird, wenn keine besonderen, unkalkulierbaren Veränderungen eintreten (im preisgünstigen Segment sind die Zahlen heute schon rückläufig, während das hochpreisige Segment noch zulegen kann). Daher wird es nicht funktionieren, dass höhere Stückzahlen zu höheren Preisen verkauft werden können. Es wird auch nicht gelingen, die gleichen Mengen zu höheren Preisen abzusetzen. Wir können nur, wenn wir gut sind, geringere Stückzahlen zu einem höheren Preis verkaufen. Dann könnte am Ende das Umsatzvolumen in etwa gleich bleiben.

Ziel: Weniger Stück verkaufen zu einem höheren Preis

  • durch den höheren Preis muss produktseitig ökologisches und soziales Handeln finanziert werden
  • durch den höheren Preis muss kommunikationsseitig die Vermittlung des höheren Wertes der Produkte finanziert werden
  • durch eine geringere Stückzahl entstehen kostenseitig Vor- und Nachteile (geringere Lagerhaltungskosten, niedrigere Distributionskosten, höhere Fixkostenanteile pro Stück, höhere Produktionskosten – Wegfall der economies of scale)

2. Mode ist vor allem ein soziales Phänomen und bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach Zusammenschluss und dem Bedürfnis des Menschen nach Abgrenzung (Simmel, 1905).


Abb. 2 Georg Simmel – Philosophie der Mode, 1905

Dies führt zum Prozess der Mode als ewigem Kreislauf:
Erfindung und Einführung, Führerschaft, Verbreitung, Konformität, Sättigung und schließlich Abstieg.


Abb. 3 – „Der Kreislauf der Mode“

Die Individualität nimmt dabei im Laufe des Prozesses ab, während die Konformität zunimmt. Wenn die Konformität überhand nimmt, kommt es zur Sättigung und zum Abstieg der Mode – etwas Neues muss her! So kommt es dann wieder zur Erfindung und Einführung einer neuen Mode, so dass die Individualität wieder vorhanden ist und der Kreislauf von vorne beginnt. Das bedeutet, je schneller die Verbreitung der neuen Moden durch die Medien und Fast-Fashion stattfindet, desto kürzer ist die Phase der Individualität und somit verkürzt sich auch der Produktlebenszyklus.

Ziel: Verlängerung der Produktlebenszyklen

  • rechtfertigt durch längere Gebrauchszeit den höheren Preis
  • gewährt dem Kunden eine längere Phase der Individualität (und rechtfertigt damit ebenfalls den höheren Preis – Geltungskonsum!)

3. Bei der Produktentwicklung in der (Bekleidungs-) Mode stehen vier Gestaltungsparameter zur Verfügung:


Abb. 4 Gestaltungsparameter der Mode nach Hermanns

Diese müssen einzeln auf Nachhaltigkeits-Potential geprüft werden. Die meisten Unternehmen konzentrieren sich beim Thema Nachhaltigkeit auf die Parameter Material/Faser und Farbe und stellen dabei ökologische Gesichtspunkte in den Vordergrund.

Damit sind die Gestaltungsmöglichkeiten nachhaltiger Mode aber längst nicht ausgeschöpft - genauso bedeutend ist die Auseinandersetzung mit der Frage, wie „nachhaltige Formen“ aus Sicht des Unternehmens und aus Sicht der Verbraucher aussehen könnten. Was kann darunter verstanden werden? Gibt es eventuell Möglichkeiten, Formen nachhaltig zu gestalten? Das Gleiche muss sich auch bei dem Gestaltungsparameter „Dessin“ gefragt werden. Gerade Druckdessins können aus technischer Sicht mehrfach in unterschiedlichen Farbstellungen verwendet werden, es können einzelne „Farben“ weggelassen werden, um ein neues Dessin zu erhalten.

Ziel: Nachhaltigkeit bei der Produktentwicklung in Bezug auf alle Gestaltungsparameter

  • gewährleistet die „nachhaltige Handschrift“ der Kollektion
  • ermöglicht klare Darstellung des USP
  • führt zwangsläufig zu tieferem Verständnis der Kundenwünsche

Damit sind drei wesentliche Nachhaltigkeits-Ziele für die Modeindustrie bekannt:

  1. Weniger Stück verkaufen zu einem höheren Preis
  2. Verlängerung der Produktlebenszyklen
  3. Nachhaltigkeit bei der Produktentwicklung in Bezug auf alle Gestaltungsparameter

Dies haben viele Unternehmen bereits erkannt und sind auch schon mitten in der strategischen Umsetzung mit unterschiedlichem Erfolg. Grundsätzlich stellt es für die Unternehmen mit dem heutigen Know-How auch überhaupt kein Problem dar, Mode nachhaltig zu produzieren. Das Problem liegt vielmehr darin, nachhaltige Mode zu einem angemessenen Preis zu verkaufen! Nachhaltigkeit in der Mode ist eben einfach noch nicht „in Mode“. Um den Erfolg aller Nachhaltigkeitsbestrebungen zu maximieren, geht es also darum, Strategien zu finden, wie die Nachhaltigkeit in der Mode auch tatsächlich zur Mode wird. Die Ausbreitung von Moden verläuft wie von Rogers 1962 in seinem Diffusionsmodell in Bezug auf Ausbreitung von Innovationen beschrieben:


Abb. 5 Diffusionsmodell von Rogers (aus: fashion marketing, S.9)

Innovators:

  • experimentieren / kreieren Innovationen
  • „Gatekeeper“ am Anfang der neuen Mode-Ideen

Early Adopters:

  • folgen den Innovators
  • sorgen durch ihre Akzeptanz für die Ausbreitung der Innovation (Multiplikatoren)

Early Majority:

  • übernehmen Innovation etwas schneller als der Durchschnitt
  • abwägender, vorsichtiger als der Early Adopter

Late Majority:

  • übernehmen Innovationen, um dazuzugehören (sozialer Druck)

Laggards:

  • Nachzügler; übernehmen als letzte die Innovation
  • misstrauisch gegenüber Innovationen und denjenigen, die diese früh annehmen

Nach Ansicht von Paul H. Nystrom, einem amerikanischen Marketingprofessor, ist das „in“ oder „in Mode“, was eine maßgebliche Menge von Menschen vorrangig in einem bestimmten Zeitraum annimmt. Also ist die Messbarkeit von „in“ & „out“ nicht von Meinungen abhängig, sondern tatsächlich quantitativ zu ermitteln. Diese Erkenntnis bildet die Grundlage für Lebenszeitmodelle von Modetrends, die wie folgt graphisch dargestellt werden können:


Abb. 6 Lebenszeitmodell von Modetrends ( aus: changing fashion, S. 129)

Ist die Akzeptanzder Verbraucher z.B. am Anfang sehr schnell sehr groß und fällt dann nach einer kurzen Zeit rapide ab, so handelt es sich um einen sogenannten FAD – bleibt die Akzeptanz nach einer gewissen Anlaufphase auf einem höheren Niveau, so handelt es sich um einen Klassiker…

Wenn man dieses Akzeptanzverhalten nun auf die Fragestellung überträgt, ob Nachhaltigkeit in der Mode bereits ein von vielen akzeptierter Trend ist, so können wir diese Frage verneinen, denn wir befinden uns, rein zeitlich gesehen, ganz am Anfang dieser Entwicklung. Erst wenn die messbare Zahl der „Adopters“ weiter ansteigt im Verlauf der Zeit, können wir davon sprechen, dass Nachhaltigkeit in der Mode „in Mode“ ist. Was kann nun aber getan werden, damit die Nachhaltigkeit Mode wird? Um dies zu erreichen, müssen sehr viele Konsumenten nachhaltige Mode annehmen. Damit wir verstehen, warum Konsumenten bestimmte Moden annehmen und bestimmte Moden nicht, müssen wir uns auch mit der Psychologie der Mode beschäftigen.

So hat z.B. Valerie Steele 1985 die Theorien von Freud herangezogen, um einige grundsätzliche Aspekte des menschlichen Verhaltens zur Mode und des Erlebens von Mode zu untermauern. Sie hat die Beziehung zwischen der Bekleidung und dem psychologischen Selbst durchleuchtet und ist zu dem Schluss gekommen, dass wir durch unser vestimentäres Verhalten Facetten unserer Persönlichkeit preisgeben. Wir geben also durch unsere Bekleidung Aufschluss über unser Selbstbild:

Bekleidung verleiht unserem Körper wesentlich mehr Individualität, als unser Körper im Naturzustand mit sich bringt. Wir präsentieren ein Idealbild unseres Selbsts. Somit ist Kleidung, oder jede Form von Aussehensveränderung immer gleichzeitig auch ein Ausdruck unserer Persönlichkeit. Damit ist Mode auch Kommunikation – wir kommunizieren durch die Auswahl unserer Bekleidung. So bewegt sich unsere bewusste Entscheidung für unsere Bekleidung stets in einem Spannungsfeld zwischen unserem Selbstkonzept und unserem Idealselbst.e


Abb. 7 Spannungsfeld Selbstkonzept und Idealselbst

Außerdem kann Kleidung oder Aussehensveränderung unser Selbstwertgefühl erhöhen, zum einen durch ästhetische Bewertung – man fühlt sich gut angezogen – und zum anderen durch das Bewusstsein, der Situation, dem Anlass oder der Rolle entsprechend gekleidet zu sein.

Wenden wir uns nun der Mode als ästhetischem Phänomen zu:
Nach Frau Lehnert haben wir auf der einen Seite die Ästhetik des Designs oder der Gestaltung der Bekleidung und deren Vermarktung durch ästhetische Inszenierung und auf der anderen Seite haben wir die Selbst-Gestaltung durch Bekleidung – im Sinne von Gestaltung des Selbsts. Wir erleben Mode als ästhetisches Spannungsfeld zwischen der Gestaltung an sich und der Symbolik der Ästhetik. Die Symbolik aber verleiht - durch die Inszenierung in einem bestimmten Kontext - dem Träger oder der Trägerin der Mode ein bestimmtes Erscheinungsbild.


Abb. 8 Mode als ästhetisches Phänomen

Nach Lehnert muss Bekleidung einen „ästhetischen Überschuss“ haben, der über den reinen Nutzen hinausgeht, um Mode zu werden – erst durch die emotionale „Aufladung“ kommt es zur Mode! Aber nur durch den Konsens in einer Gruppe, egal wie klein oder groß diese Gruppe sein mag, kann etwas MODE werden – wir benötigen die Akzeptanz!


Abb. 9 Konsens und Akzeptanz in Bezug auf Mode

Und das ist der entscheidende Punkt! Es reicht nicht, lediglich das Produkt nachhaltig zu gestalten, das Produkt muss auch in den entsprechenden Kontext gestellt werden und es muss grundsätzlich eine emotionale Aufladung zum Thema Nachhaltigkeit erfolgen. Und darum geht es auch beim Management von Mode – wir müssen nicht nur das Produkt managen, sondern vor allem auch den Kontext, in den wir das Produkt stellen.

Produktseitig stellt das Management theoretisch überhaupt kein Problem dar – das perfekte nachhaltige Produkt ist möglich – wenn die Prozesse entlang der textilen Wertschöpfungskette entsprechend geplant und gesteuert werden. Schwieriger stellt sich die Kontextseite dar – es gilt die richtige Strategie zu entwickeln, das Marketingkonzept muss stimmen, um „das Produkt“ emotional so aufzuladen, dass es Bedürfnisse weckt und von der Masse akzeptiert wird.


Abb. 10 Gestaltung von Produkt und Kontext

Die Akzeptanz der Masse ist nur dann möglich, wenn bevorzugte Geschmacksrichtungen, aktuelle Zeitgeistphänomene, also Trends erkannt, fortgeschrieben und berücksichtigt werden. Hier gilt es insbesondere das Bedürfnis nach Neuem zu unterdrücken und in ein Bedürfnis nach Verzicht umzuwandeln. Aus Geltungskonsum muss „Geltungsverzicht“ werden, was bedeutet, dass das Ansehen der Person steigt, wenn Vorhandenes verwandelt und verändert wird und nur selten Neues ergänzt werden muss.

Und dies geschieht über die Gestaltung – nicht nur über die Produktgestaltung, sondern auch über die Gestaltung des Kontextes, damit es zu einer emotionalen Aufladung kommt. Und somit liegt die Herausforderung in der Kommunikation eben dieses Kontextes. Das Thema Nachhaltigkeit in der Mode muss so in den Köpfen der Konsumenten verankert werden, dass es in der Gesellschaft als absolut inakzeptabel gilt, minderwertige, billige und eben nicht fair produzierte Ware zu kaufen und am Körper zu tragen. Das ist keine einfache Aufgabe. Doch wir befinden uns schon mitten in einem Prozess des Umdenkens:

Li Edelkoort sagte Anfang Januar in der Zeit-Online, dass die Menschen zukünftig weniger konsumieren wollen, weil ihnen die Lust auf mehr Besitz vergeht. Die Dinge, mit denen sie sich umgeben, müssen allerdings perfekt sein. Das ist genau die Entwicklung, die es möglich macht, dass Nachhaltigkeit in der Mode zur Mode wird!

Für die Strategie bedeutet dies, dass nach der Festlegung der grundsätzlichen Nachhaltigkeitsziele erneut die Marktsegmente überprüft und die Zielgruppen genau definiert werden müssen. Wie muss das Produkt (re-)positioniert werden, damit die Absatz- und Umsatzziele erreicht werden können? Da die nachhaltige Positionierung nur erfolgreich sein kann, wenn die Endverbraucher auch den Kontext verstanden haben, kommt dem Bereich der Kommunikation eine besondere Bedeutung zu. Hier müssen folgende Punkte beachtet werden:

  1. Festlegung der Markenbotschaft, des zentralen Kerns der Marke, der DNA
  2.  Inszenierung der Marke, Verknüpfung mit Emotionen
  3.  Festlegung der Kommunikations- und Vertriebskanäle

Wichtig dabei ist, dass im Zentrum eine Idee steht, eine Idee, die dem Menschen einen besonderen Nutzen stiftet. Kreativität und Strategie führen zu einer klaren Markenbotschaft, Überzeugung und Know-how ermöglichen ein gutes Produkt und das sollte entsprechend an den Endverbraucher kommuniziert werden. Im Idealfall erfolgen dann auch Rückmeldungen von den Endverbrauchern. Wir haben doch bereits einen enormen Zuwachs an Kommunikationsmöglichkeiten durch Social-Media gewonnen und können als Unternehmen User-Generated-Branding betreiben:

Der Mensch oder Konsument soll im Zentrum unserer Überlegungen stehen und letztendlich auch neue Ideen liefern.


Abb. 11 Der Endverbraucher als Ideenlieferant

Literatur

  • Hermanns, Arnold (1991): Grundlagen des Modemarketing, in: Hermanns, Arnold / Schmitt, Wolfgang / Wißmeier, Urban Kilian [Hrsg.]: Handbuch Modemarketing. Grundlagen, Strategien, Instrumente. Ansätze für Praxis und Wirtschaft, S. 11-63. Frankfurt am Main.
  • Jackson, Tim / Shaw, David (2009): mastering fashion marketing. London.
  • Lehnert, Gertrud (2013): Mode. Theorie, Geschichte und Ästhetik einer kulturellen Praxis. Bielefeld.
  • Lynch, Annette / Strauss, Mitchell D. (2007): Changing Fashion. A Critical Introduction to Trend Analysis and Meaning. New York, Oxford.
  • Nerdinger, Friedemann W. / Rosenstiel, Lutz von (1991): Psychologie der Mode, in: Hermanns, Arnold / Schmitt, Wolfgang / Wißmeier, Urban Kilian [Hrsg.]: Handbuch Modemarketing. Grundlagen, Strategien, Instrumente. Ansätze für Praxis und Wirtschaft, S. 67-84. Frankfurt am Main.
  • Simmel, Georg (1995): Philosophie der Mode. Die Religion. Kant und Goethe. Schopenhauer und Nietzsche. [Bd. 10.]. Frankfurt am Main. [Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 810]
  • Sproles, George B. (1985): Behavioral Science Theories of Fashion, in: Solomon, Michael R. [Hrsg.]: The Psychology of Fashion, S. 55-70. Lexington.
  • Steele, Valerie (1985): Fashion and Eroticism. Ideals of Feminine Beauty from the Victorian Era to the Jazz Age. New York, Oxford.