Arbeitszufriedenheit ist auch Selbstverantwortung

25.08.2014

Für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz hat nicht nur der Arbeitgeber zu sorgen, indem er ansprechende Rahmenbedingungen schafft und Führungskräfte darin schult, wie Mitarbeiter besser motiviert werden können. Auch der Arbeitnehmer ist in der Verantwortung. Mit seiner Einstellung zum Job hat er direkten Einfluss auf seine eigene Arbeitszufriedenheit.

Arbeitszufriedenheit ist auch Selbstverantwortung
Abb.1: Wordle zur Arbeitszufriedenheit

Quelle: http://www.wordle.net/create Laut einer regelmäßigen Umfrage der Firma Gallup GmbH haben fast ein Viertel aller Mitarbeiter in Deutschland bereits innerlich gekündigt und um die 60 % arbeiten nur unter dem Motto „Dienst nach Vorschrift“. Da ist es nicht verwunderlich, dass es vielen arbeitenden Menschen an Arbeitstagen morgens schwer fällt aufzustehen, um den Tag mit Tätigkeiten für den Arbeitgeber zu verbringen.

Arbeitszufriedenheit ist auch Selbstverantwortung
Abb.2: Mitarbeiterbindung in % im Zeitverlauf - Gallup Studie 2001-2012

Quelle: http://www.gallup.com/strategicconsulting/160907/zeitverlauf-gallup-engagement-index.aspx Eine der häufigsten Ursache für die geringe emotionale Bindung an den Arbeitgeber ist gemäß der Studie ein Defizit in der Personalführung, womit meistens der direkte Vorgesetzte gemeint ist. Mitarbeiter erwarten, dass auch am Arbeitsplatz ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Dazu gehört beispielsweise, dass sie nicht nur als Mitarbeiter, sondern auch als Mensch gesehen werden, dass sie nach ihrer Meinung gefragt werden oder sie eine konstruktive Rückmeldung zu ihrer Arbeitsleistung bekommen1. Die Tatsache, dass die Wertschätzung oder auch das Interesse an Mitarbeitern in vielen Firmen fehlt, wird nun von Gallup somit offiziell bestätigt. Natürlich fragt sich jeder normal denkende Mitarbeiter, warum Firmenverantwortliche nicht alles daran setzen, dass die teure Ressource Personal auch entsprechend gepflegt wird, so wie auch teure Maschinen für eine lange Lebensdauer regelmäßig einen Service erhalten. Es ist doch eigentlich ganz einfach. Dem Mitarbeiter gelegentlich aber regelmäßig Wertschätzung beispielsweise durch ein Lob entgegen zu bringen, ihn nach seiner Meinung oder seinen Bedürfnissen zu fragen, zeigt Interesse und braucht kaum Zeit. In Partnerschaften, in der Kindererziehung oder unter Freunden gelingt das den meisten Menschen auch, warum fällt es scheinbar ausgerechnet Führungskräften so schwer diese Methoden einzusetzen und damit zufriedenere und motivierte Mitarbeiter zu generieren? Damit hat den „schwarzen Peter“ der Arbeitgeber, oder besser gesagt die Führungskräfte in Unternehmen, bekommen und der Mitarbeiter ist fein raus. Die Schuld für Unzufriedenheit am Arbeitsplatz bei anderen zu suchen ist auch leichter als auf sich selber zu schauen. Leider können wir den anderen aber nicht ändern, so sehr wir es uns auch wünschen. Aber wir hätten die Wahl: Jeden Tag sich aus dem Bett quälen, nur auf das Wochenende warten und Opfer aller Umstände sein oder nach dem Sinn der aktuellen Tätigkeit suchen, den wahren Grund fürs arbeiten zu erforschen und eventuell die Einstellung ändern und somit zufriedener durchs Leben zu gehen. Wir leben in einer kollektiven Unzufriedenheit. Meckern über den Job gehört zum guten Ton in der Gesellschaft. Der Normalfall ist, dass Arbeit keinen Spaß macht. Nur dann gibt es Bestätigung von allen Seiten. Die wenigen, die öffentlich behaupten ihre Berufung gefunden und Spaß bei der Arbeit zu haben, sind eher die Außenseiter dieser Gesellschaft und werden ungläubig angesehen. Sie haben sich dafür entschieden ihre Lebensqualität zu erhöhen, indem sie Dinge tun, die sinnvoll für sie und die Gesellschaft sind. Das bedeutet nicht, dass jeder der seiner Berufung folgt und zufrieden mit seinem Job ist, sein altes Arbeitsleben aufgegeben hat. Oft reicht es schon, sich nicht mehr über die Dinge, die man nicht ändern kann (den Vorgesetzten) zu ärgern und sich lieber um die Dinge zu kümmern, auf die man auch einen Einfluss hat. Schon der deutsche Theologe Friedrich Oetinger (1702 – 1782) sagte:

„Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann; gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich zu ändern vermag, und gib mir die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.“

Es ist insgesamt befriedigender in die Selbstverantwortung zu gehen und damit die Überzeugung, dass einzig die anderen schuldig an meiner Situation sind, über Bord zu werfen. Doch welche Faktoren müssen erfüllt werden, um mit dem Job zufrieden zu sein?

Eine steigende Arbeitszufriedenheit wird durch folgende Punkte bestimmt:

  1. Der Sinn der Arbeit muss bekannt und präsent sein. Ohne Sinn verlieren wir die Lust an einer Tätigkeit und werden unzufrieden. Sinnvoll ist, mit Ausnahme von kriminellen Tätigkeiten, so ziemlich alles, was an Berufen zur Verfügung steht. Nicht nur ein Arzt der seine Patienten heilt, übt eine sinnvolle Tätigkeit aus, auch der Müllmann, der für eine saubere Umwelt sorgt oder die Kassiererin im Supermarkt, die Mitmenschen ermöglicht Ware für den Lebensunterhalt legal zu erwerben, erledigt einen Dienst für die Gesellschaft. Bei der Sinnsuche geht es um den positiven Effekt, den ein Mitarbeiter durch Ausübung seines Berufes generell erzeugt. Einzelne Tätigkeiten in der Fülle von Aufgaben, die ein Job mit sich bringt, dürfen auch mal als sinnlos erachtet werden, unabhängig davon, ob sie es tatsächlich sind oder nicht. Insgesamt allerdings muss der Sinn der Tätigkeit für ein erfülltes Arbeitsleben klar erkennbar und bewusst sein.
  2. Wichtig ist es zu wissen, warum man überhaupt arbeitet. Vielen wird sofort das Wort Geld in den Sinn kommen. Geld alleine ist allerdings nicht sexy. Zufrieden stellen uns die Dinge, die wir mit dem Geld erwerben. Nicht das Geld als solches motiviert, sondern die Versorgung der Grundbedürfnisse wie beispielsweise die Nahrung, die davon gekauft werden kann, die Wohnung, die bezahlt werden kann oder die Bildung, die durch das Geld möglich ist. Noch motivierender sind häufig die Erfüllung von Wünschen wie ein toller Urlaub oder ein neues Auto. Ebenso gespartes Geld, das ein sicheres Gefühl gibt, um in Notfällen da zu sein, motiviert Geld zu verdienen.
  3. Die Einstellung beziehungsweise die Haltung zum Job oder zum Arbeitgeber. Wenn der Fokus auf dem Negativen liegt, dann werden auch nur die negativen Begleitumstände bezüglich der Arbeit auffallen und die Einstellung zur Arbeit wird immer negativer werden. Andersherum ist es allerdings ebenso. Wenn der Fokus auf dem Guten und Positiven liegt, dann wird sich auch die Einstellung zum Guten ändern. Wir nehmen nur die Dinge wahr, die wir bewusst oder unbewusst bemerken wollen. Ein gutes Beispiel dafür ist ein geplanter Autokauf. Von dem Moment an, wo die Entscheidung für einen bestimmten Typen, in einer bestimmten Farbe und Ausführung getroffen wurde, von dem Moment an, werden auch alle ähnlichen Autos auf der Straße auffallen. Vorher war es nur eine Autovariante unter vielen. Wenden wir uns demnach den Positiven in der Arbeit zu, dann werden wir auch immer mehr Positives wahrnehmen – und Positives sollte es immer geben.
  4. Hauptsächlich ausgeführte Tätigkeiten im Job müssen den eigenen Stärken und der eigenen Integrität entsprechen. Mit Integrität ist gemeint, dass die eigenen Ideale und Werte mit dem Arbeitsumfeld zusammenpassen müssen. Auf Dauer wird jeder unzufrieden, der gegen seine eigenen Wertvorstellungen handelt. Während man die ersten drei Punkte mit etwas nachdenken und gutem Willen sicherlich für die eigene Arbeitssituation positiv beeinflussen kann, ist es mit diesem Punkt schon schwieriger. Manche Menschen kennen ihre eigenen Werte, Ideale und Stärken gar nicht genau. Hinzu kommt, dass das Selbstbild (das Bild, das ich selber von mir habe) manchmal vom Fremdbild (das Bild, das andere von mir haben) abweicht. Gelegentlich werden wir gar nicht benennen können, was an der aktuellen beruflichen Tätigkeit nicht stimmt, aber es wird ein ungutes Gefühl hochkommen, beim Gedanken an diese. Es lohnt sich im eigenen Interesse, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Persönliche Stärken sollten abgerufen und eingesetzt werden und die persönliche Integrität sollte mit der Integrität des Arbeitgebers weitestgehend übereinstimmen, dann kann ein normaler Beruf auch zur Berufung werden.

Abschließend kann noch angemerkt werden, dass für viele „das Gras immer grüner auf der anderen Seite“ ist. Wie gerne glauben wir, dass alles viel besser wäre, wenn wir nur einen anderen Job oder einen anderen Chef hätten. Dem ist allerdings nicht immer so. Nicht umsonst gibt es die Redewendung „vom Regen in die Traufe kommen.“ Es scheint demnach eine alte Erfahrung zu sein, dass es mit einer Veränderung nicht immer zwangsläufig zum Besseren kommen muss. Es lohnt sich womöglich, über den eigentlichen Sinn der bestehenden Arbeit nachzudenken. Ebenso macht sich eine Überprüfung der Einstellung zum Arbeitsplatz und zum Arbeitsumfeld für die eigene Arbeitszufriedenheit bezahlt. Wer seinen Beruf zur Berufung machen will, muss allerdings nicht nur wissen, warum er arbeitet, sondern muss sich auch mit seinen Stärken und Werten auseinandersetzen, um die eigenen Ideale am Arbeitsplatz auch leben zu können.

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Literaturhinweise

Cerney, Thomas (2002): Talente nutzen – Erfolgreich sein, Profitieren Sie von Ihrem Potenzial, Carl Hansa, München, Wien Covey, Stehphen R., Colosimo Jennifer (2011): Vom Beruf zur Berufung, Wie Sie einen tollen Job und persönliche Erfüllung finden, Gabal, Offenbach Diesbrock, Tom (2011): Ihr Pferd ist tot? Steigen Sie ab!, Wie Sie sich die innere Freiheit nehmen umzusatteln, Campus, Frankfurt/Main Gulder, Angelika (2013): Finden den Job, der Dich glücklich macht, von der Berufung zum Beruf, Campus, Frankfurt/Main Kaye, Beverly, Jordan-Evans, Sharon (2005): Love it, don´t leave it – 26 Wege, um im Job das zu bekommen, was Sie wollen, Gabal, Offenbach Krelhaus, Lisa (2012): Wer bin ich – wer will ich sein?, Ein Arbeitsbuch zur Selbstanalyse und Zukunftsgestaltung,8. Aufl., mvg, München Pfeifer, Anke (2013): Innere Kündigung bedroht Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen, 06. 03.2013, in: http://www.gallup.com/strategicconsulting/160901/pressemitteilung-zum-gallup-engagement-index-2012.aspx, (Letzter Zugriff: 25.03.2013) Seligman, Martin E. P. (2012): Der Glücks-Faktor, warum Optimisten länger leben, 9. Aufl., Bastei Lübbe, Köln Souza, Brian (2008): Die eigene Bestimmung finden, wir haben alle Begabungen. Haben Sie Ihre schon entdeckt?, Goldmann, München Tiggelaar, Ben (2010): Träume, Wage, Tun - Wie Sie den schwierigsten Menschen der Welt managen: sich selbst, Gabal, Offenbach